*Niennas Augen sind dunkel umschattet und liegen tief in ihren Höhlen … Sie wirkt als habe sie seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen … müde und mit schmerzenden Gliedern kommt sie in ihr Büro … holt IHR Buch aus dem Schrank und setzt sich hinter den Schreibtisch … unter einem Haufen von Pergament findet sie ihre Feder, taucht sie ins Tintenfass welches zur Neige geht und beginnt mit ihrer feinen schrägen Handschrift zu schreiben*

2.Tag der 3.Passage Hand des Monats Camerius, 10164 Contasta Ar

Turin war einige Tage auf einer Erkundungsmission an den Ufern des Vosks unterwegs und ich ging meiner Arbeit in der Heilerei nach. Ich war froh als Turin eines Abends wieder in der Heilerei stand, gesund und wohlauf. Kaum waren wir alleine, verlangte er auf den Befehl des Administrators meine gesamten Kandavorräte. Auf meine Nachfrage, wozu er diese benötigte wich er mir zuerst aus, doch dann sagte er sie hätten Gesindel am Ufer des Vosks gesehen und zum Ausspionieren dieser sollte sich ein Krieger als Schmuggler getarnten dort einschleusen. Erzürnt warf ich ein, dass ich Heilerin sei und keine Hehlerin, ich versuchte ihm klar zu machen das ich als Heilerin keinen Menschen abhängig machen dürfe. Er wurde zornig und sagte es wäre eine Anweisung  des Administrators und dem hätte ich zum Schutz meines Heimsteines Folge zu leisten. Weiterhin erörterte er mir das er mein Gefährte wäre und ich ihm gehorchen müsse. Worauf ich sehr zornig wurde, jeden anderen Krieger hätte ich aus der Heilerei geworfen aber mit Turin konnte ich das natürlich nicht machen. Einige harte Worte wechselten den Besitzer und Turin versprach mir das diese noch Folgen haben würden. Ich verließ zornig die Heilerei und wies Kio an den Kandasack bereitzustellen. Lady Flo bekam meine schlechte Laune dann auch noch zu spüren.  Als ich danach aus ihrem Zimmer kam, war Turin bereits gegangen. Ich schickte ihm Kio nach, sie solle seine Laune verbessern bevor ich nach Hause kommen würde. Einige Ahn später schlich ich auf Zehenspitzen die Treppen ins Schlafzimmer hinauf, wusch mich eilends und begab mich in aller Stille in die Felle. Turin und Kio hörte ich dumpf aus dem Wohnraum bevor ich ängstlich einschlief.

*Nienna schaudert und tunkt die Feder in die Tinte, um weiter schreiben zu können*

Am nächsten Tag als ich benommen die Augen öffnete, war Turin nicht neben mir. – Er hatte die Nacht wohl mit Kio verbracht –  Ich zog mich schnell an und eilte, ohne etwas zu essen, hinunter in den Hafen zur Heilerei. Dort angekommen wartet schon Lady Flo auf mich, wie so oft war sie aufgelöst und den Tränen nahe. – Dieses Mädchen muss härter werden, wenn sie in Gor überleben will –  Nach einigem Stottern erzählte sie mir endlich, dass ihre Tante ihr geschrieben hatte. In diesem Brief stand, dass ihr Dorf niedergebrannt wurde und sich ihre Tante nun auf einer Reise befand. Weiterhin bat mich diese unbekannte Frau, ich möge ihre Flo weiterhin zu einer Heilerin ausbilden und sie zu einer ehrbaren Frau machen. Ich versicherte Flo, dass ich ihre Ausbildung gerne weiter übernehmen würde, aber ob ich ihr Vormund werden dürfe, müsse Turin entscheiden. Als ich ihr dies erklärte, erklang die wütende Stimme von Turin im Flur. Ich bat ihn um einige Momente, da ich in einem wichtigen Gespräch sei. Noch während ich versuchte schnell die Dinge mit Flo zu klären, erklang seine Stimme erneut. Er wolle zur Sklavenauktion gehen und würde mich dort umgehend erwarten. Seine Stimme lies keinen Widerspruch zu. Angst überkam mich erneut und schnürte mir die Kehle zu. Schnell sagte ich Flo, sie solle Lady Amira um Wohnraum bitten, denn wenn sie für so lange Zeit in Turmus verweilte, könne sie nicht länger das Krankenzimmer belegen. Dann eilte ich zur Auktion. 

Ich huschte möglichst leise in die Auktionshalle und stellte mich unauffällig neben Turin. Er würdigte mich keines Blickes, sein Zorn spiegelte sich in seinem Gesicht wieder.  Die Auktion entwickelte sich schnell zu einem Schauspiel sonders Gleichens, Nach wenigen Ehn war der Preis schon bei 3 Silbern. Die Bewohner von Turmus und einige der angereisten Gäste machten sich lustig über das Bieterduell zweier Torvaldsländer. Am Ende brachte die einfache Sklavin ohne besonderes Talent den unglaublichen Wert von einem Goldtarn. – Nicht zu fassen –  Ich hatte gehofft, dass dieses doch mehr als amüsante Schauspiel Turin erheitern würde, jedoch weit gefehlt. Nachdem Sir Claudius eine Bestellung über eine Salbe für schmerzende und müde Beine sowie für ein Blutdrucksenkende Mittel abgab, befahl er mir, ihm nach Hause zu folgen. 

*Nienna schaut von dem Blatt auf … ihre Augen wirken traurig … sie taucht die Feder abermals in die Tinte und schreibt dann weiter*

Zu Hause stellte er mir klar, dass er sowas wie am gestrigen Tag nicht mehr dulden würde. Sehr strenge Worte und klare Befehle gab er mir. Ich erinnerte ihn daran, dass wir uns im Vertrag versprochen hatten, uns nicht in die Kastenangelegenheiten des Anderen einzumischen, und dass ich ihn sehr wohl ehrte. Immerhin hätte ich ihn nicht aus der Heilerei geworfen, was sehr wohl mein Recht gewesen wäre. Er gab mir eine letzte Chance meinen Standpunkt zu überdenken. Ich lenkte ein, zu groß war die Angst vor einer Strafe. Noch immer wütend verließ er mich und ging in die Felle. Ich verbrachte die Nacht auf dem geräumigen Sofa. 

Seit dieser Nacht schlafe ich sehr schlecht, denn schlimme Träume verfolgen mich sobald ich meine Augen schliesse. Ich sehe ständig zu, wie Lady Mith von dunklen Gestalten ohne Gesichter verschleppt wird. Wie diese sie schlagen und ihr die Kleider vom Leib reißen. Ich sehe Schiffe, Wasser und dreckige Hütten, Lady Mith auf dem Boden mit unzähligen kleinen Wunden übersät. Männer mit rauhen Stimmen die sie beleidigen und über sie lachen. Ich spüre ihre nackte Angst, als sei ich es, die da am Boden kauert. Jeden Morgen erwache ich schweißgebadet und panisch. Ich wollte Lady Amira davon erzählen, mir ihren Rat holen, doch leider hatte sie wiederholt keine Zeit für mich. – Ich werde es erneut versuchen, ich muss darüber sprechen – Keiner aus unsere Familie hatte die Gabe des 2. Gesichtes, ich hoffe es sind wirklich nur böse Träume, geboren aus zu viel Phantasie. 

*Niennas Augen schauen trüb aus dem Fenster … dunkle Gedanken umschatten sie wieder … “Ich hoffe es geht dir gut Mith und ich spinne mir hier etwas zusammen” … dann schreibt sie weiter* 

Mit mir stimmt etwas nicht, nicht nur die Träume über Mith, die ständige Müdigkeit und meine schmerzenden Glieder. Ich habe auch abgenommen, bin reizbar und das Essen schmeckt mir nicht, zudem habe ich oft einen seltsamen Geschmack im Mund. Ich denke ich suche einen meiner Kollegen auf, um nach mir sehen zu lassen. Vielleicht kann ich Turin um eine Reise zu meinem alten Prüfer Sir Chang bitten. 

*Müde legt sie die Feder beiseite und streckt sich mit verzogenem Gesicht … sie nimmt das Säckchen mit dem Sand, streut etwas davon über die neuen Seiten, pustet den überschüssigen Sand weg und schlägt das Buch daraufhin zu … sie stemmt sich in die Höhe und schlurft mit dem Buch in der Hand zur Bücherwand, steckt es in die Lücke zwischen die anderen Bücher … dann geht sie zum Fenster, öffnet es klappernd und atmet die kühle Morgenluft tief ein*